Die US-Mobilitätsplattform Lyft will den deutschen Anbieter Freenow übernehmen und damit auf den europäischen Markt expandieren. Lyft bezahlt rund 175 Millionen Euro (197 Millionen US-Dollar) für die Plattform, die den Autokonzernen Mercedes-Benz und BMW gehört.
Freenow werde seine Geschäfte wie bisher fortsetzen, teilten die Unternehmen am Mittwoch in San Francisco und Hamburg mit. Das Unternehmen vermittelt vorwiegend Taxifahrten in über 150 europäischen Städten, darunter Berlin und Hamburg, aber auch Carsharing und andere Mobilitätsdienste. Der Abschluss des Verkaufs wird im zweiten Halbjahr erwartet.
"Bedeutender Schritt"
"Die Zusammenarbeit mit Lyft ist ein bedeutender Schritt für Freenow und markiert den Beginn einer neuen, aufregenden Phase", sagt Freenow-CEO Thomas Zimmermann. "Lyfts starke Kundenorientierung ergänzt sich perfekt mit unseren langjährigen Erfahrungen in der Taxibranche."
Lyft wagt mit der Übernahme einen großen Schritt auf den europäischen Markt. Das 2012 gegründete Unternehmen ist bisher nur in den USA und Kanada aktiv. Lyft vermittelt Autofahrten sowie Fahrräder und E-Scooter. Als größter Konkurrent von Uber kommt das Unternehmen in den USA auf einen Marktanteil von etwa 24 Prozent.
"Der Einstieg in den europäischen Markt ist ein wichtiger Schritt", sagt Lyft-CEO David Risher. "Mit Freenow haben wir den perfekten Partner gefunden und können viel von dem Team lernen." Während sich Uber seit 2014 aggressiv auf dem deutschen Markt breitmacht, hat Lyft sich stets zurückgehalten.
Gegründet als Mytaxi
Freenow wurde 2009 als Mytaxi gegründet und war zunächst eine App zur Vermittlung und auch Bezahlung von Taxifahrten in Deutschland, später dann in zahlreichen europäischen Großstädten. 2014 hat Daimler Mytaxi übernommen und später in die gemeinsam mit BMW gegründete Mobilitätsplattform "Share Now" integriert, die inzwischen wieder abgewickelt wurde.
Freenow hatte sich zuletzt aus dem von Uber etablierten Mietwagenmodell zurückgezogen und das Geschäft damit den Wettbewerbern Uber und Bolt überlassen. Dabei vermitteln die Plattformen Fahrten an konzessionierte Mietwagenunternehmen mit Fahrern, die einen Personenbeförderungsschein vorweisen müssen.
Diese Mietwagen-Unternehmen unterliegen dem Personenbeförderungsgesetz und müssen Auflagen erfüllen. In der Praxis kommt es immer wieder zu Rechtsverstößen wie gefälschten Konzessionen. In Berlin und anderen Städten soll Datenabgleich zwischen Uber und den Behörden für mehr Ordnung sorgen.
Mercedes und BMW entledigen sich mit dem Verkauf von Freenow an Lyft eines weiteren Bausteins ihrer gescheiterten Mobilitätsplattform "Share Now". Zuvor haben sie ihr gemeinsames Carsharing-Angebot an den Konkurrenten Stellantis verkauft, der es in seine Carsharing-Tocher Free2move integriert hat. 2020 gab es Gerüchte, dass Uber an Freenow interessiert sei.