Maria Branyas Morera ist 117 Jahre und 168 Tage alt, als sie stirbt. Sie wird damit als Supercentenarian bezeichnet und ist für die Wissenschaft hochinteressant. Forschende untersuchen zahlreiche Proben der Frau und finden nun die Kriterien, die Maria zu ihrem außergewöhnlich langen Leben verhalfen.
"Gute Gene und etwas Glück" waren die Worte, die Maria Branyas Morera selbst als Begründung gab, als sie im Januar 2023 von World Guinness Records zum "ältesten Menschen der Welt" erklärt wurde. Abgesehen von einer Schwerhörigkeit, eingeschränkter Mobilität und Gelenkschmerzen hatte Maria Branyas bis zuletzte keine körperlichen oder geistigen Probleme. Die Frau, die am 4. März 1907 in San Francisco als Tochter von spanischen Eltern geboren wurde, war damit für Forschende hochinteressant. Sie willigte noch zu Lebzeiten zur wissenschaftlichen Untersuchung ihrer außergewöhnlichen Langlebigkeit ein und gab deshalb eine Menge an Proben ab. Maria Branya Morera wurde 117 Jahre und 168 Tage alt und starb am 19. August 2024. Sie befindet sich derzeit auf Rang acht auf der Liste der bisher ältesten Menschen der Welt.
Ein großes Team mit Forschenden des Josep Carreras Leukämieforschungsinstituts in Spanien wollte nun wissen, welche Kriterien dazu geführt haben, dass Maria zu den ältesten Menschen auf der Welt werden konnte. Dafür sahen sich die Forschenden mehrere Aspekte an, untersuchten die Proben und werteten frühere Interviews mit der Spanierin aus. Es zeigte sich, dass Maria eine ganze Reihe von Empfehlungen für ein langes und gesundes Leben in die Realität umsetzte. Sie war geistig, sozial und körperlich aktiv und verbrachte viel Zeit mit ihrer Familie und Freunden, hielt sich von Alkohol und Zigaretten fern. Zudem ernährte sie sich gesund, mit überwiegend mediterraner Kost, und aß täglich drei Joghurts. Klavierspielen war eine der Leidenschaften der Frau. Sie spielte in dem betreuten Wohnheim, in dem sie seit ihrem 92. Lebensjahr untergebracht war, regelmäßig bis zu ihrem 106. Lebensjahr Klavier vor.
Aspekte des Alterns
Mit verschiedenen Analysetechniken untersuchte das Team alle bisher bekannten biologischen Aspekte des Alterns bei Maria. Die Forschenden nahmen unter anderem die Gene, das Mikrobiom und den Stoffwechsel über Proben genauer unter die Lupe. Es ist die bisher umfassendste Untersuchung, die jemals an einer Supercentenarian durchgeführt wurde. Die Studienergebnisse zeigen, "dass extrem hohes Alter und schlechter Gesundheitszustand nicht zwangsläufig miteinander verbunden sind und dass beide Prozesse auf molekularer Ebene unterschieden und analysiert werden können", schreiben die Forschenden zu ihrer Arbeit, die auf der Preprint-Plattform Biorxiv unbegutachtet veröffentlicht wurde.
Bei der Auswertung der Daten und dem Vergleich mit den Daten anderer Personen, die nicht so alt wurden, zeigte sich, dass Maria auf biologischer Ebene in mehreren Bereichen wesentlich "jüngere" Werte hatte, als ihr chronologisches Alter vermuten ließ. Das war beispielsweise bei der sogenannten DNA-Methylierung der Fall. Die Methylierung ändert sich an definierten Stellen der DNA im Laufe des Lebens in einigen bestimmten Genen bei Personen in mehr oder weniger gleichem Maße. Durch die Bestimmung des Methylierungsgrades dieser Stellen der DNA lässt sich das biologische Alter einer Person bestimmen. Der chemische Prozess im Körper wird durch Umweltbelastungen beeinflusst.
"Bemerkenswerterweise führten alle unterschiedlichen Algorithmen zur Altersbestimmung auf Grundlage der DNA-Methylierung zum gleichen Ergebnis", schreiben die Forscher. "Unsere Supercentenarian wies ein viel jüngeres biologisches Alter auf als ihr tatsächliches chronologisches Alter und dies trat in den drei verschiedenen analysierten Geweben auf."
Hocheffizienter Stoffwechsel
Auch beim Stoffwechsel sahen die Forschenden Werte, die man normalerweise nicht mit einer Person dieses Alters in Verbindung bringen würde. Die gesundheitsförderlichen Cholesterinwerte im Blut, auch als HDL bezeichnet, waren bei Maria sehr hoch, die schlechten Cholesterinwerte, kurz LDL, dagegen niedrig. Auch der Blutzuckerspiegel befand sich im Normbereich. Dabei hatte die hochbetagte Frau angegeben, nie eine spezielle Diät gemacht zu haben und erst in den letzten Jahren auf Kuchen verzichtet zu haben - außer zu ihrem Geburtstag.
Gleichzeitig stellten die Forschenden bei der damals 115-Jährigen eine Vorliebe für Joghurt fest. Sie selbst schrieb auf X dazu: "Und ein Ratschlag, wenn Sie mir das erlauben. In einer Zeit, in der ständig neue Diäten und Wundernahrungsmittel für Wohlbefinden und Gesundheit auftauchen, ist es notwendig, den Joghurt zu retten. Ein Nahrungsmittel mit unendlich vielen positiven Eigenschaften für den Körper."
Denkbar sei, dass die Inhaltsstoffe im Joghurt dazu beigetragen haben, die gesundheitsförderlichen Bakterien im Darm der Seniorin zu vermehren. Denn auch das Mikrobiom von Maria Branyas wies Merkmale eines viel jüngeren Menschen auf. Normalerweise verändert sich dieses rund um das 80. Lebensjahr ungünstig, so dass auch das Risiko von Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes steigt, erklärt das Forschungsteam. Doch bei Maria scheint das anders gelaufen zu sein. Die Besiedlung ihres Darms entsprach der eines Säuglings, wird der Genetiker Manel Esteller, der Experte für Altersforschung ist und an der Untersuchung beteiligt war, vom "Guardian" zitiert. Ob der regelmäßige Konsum von Joghurt auch für andere Personen einen lebensverlängernden Effekt haben könnte, müssen jedoch andere Untersuchungen zeigen.
Ordnung, Ruhe, keine Sorgen
Auch auf genetischer Ebene hatte Maria gute Voraussetzungen für ein langes Leben. Bekannt ist bereits, dass bestimmte DNA-Variationen verantwortlich für die Langlebigkeit eines Menschen sind. Einige dieser Gen-Variationen, die auch bei Maria vorkamen, werden in Verbindung mit einem gut arbeitenden Immunsystem, dem Schutz vor Herzerkrankungen und einem geringen Risiko an Krebs zu erkranken, in Verbindung gebracht. Zudem ist bekannt, dass es mehrere Mitglieder in Marias Familie gibt, die älter als 90 Jahre alt sind, was als Hinweis auf die von Maria selbst erwähnten "guten Gene" gewertet wird.
Neben Glück und guter Genetik führte Maria ihre Langlebigkeit selbst auf "Ordnung, Ruhe, gute Verbindungen zu Familie und Freunden, Kontakt zur Natur, emotionale Stabilität, keine Sorgen, kein Bedauern, viel Positivität und das Vermeiden toxischer Menschen" zurück.