Die Belästigungsvorwürfe gegen Stefan Gelbhaar wiegen schwer. Die Grünen sagen erst zu, intern aufzuklären, was an den Anschuldigungen dran ist. Doch daraus wird wohl nichts. Inzwischen untersucht eine Kommission, was bei den Ermittlungen schieflief.
Der Politskandal um den Grünen-Abgeordneten Stefan Gelbhaar aus Berlin wird nicht weiter verfolgt, gestehen die Parteivorsitzenden Franziska Brantner und Felix Banaszak ein. Im Januar wurde das Ombudsverfahren beendet und eine Untersuchungskommission eingerichtet. Doch die "soll und kann nicht leisten, was eine Ombudsstelle schon nicht hätte leisten können oder sollen: abschließend über Wahrheit und Unwahrheit zu urteilen oder anstelle der zuständigen Parteigremien über Konsequenzen zu entscheiden", sagten die beiden jetzt im Gespräch mit dem "Spiegel".
Dagegen wehrt sich der Berliner Landesverband der Grünen. "In unserer Partei sollen sich alle Menschen sicher und wohlfühlen können. Dazu gehört, dass Meldungen, die eingehen, ernst genommen und aufgeklärt werden", sagten Nina Stahr und Philmon Ghirmai dem "Tagesspiegel". Sie forderten ein neues Verfahren, das Aufklärung garantiert: "Wenn die vom Bundesvorstand eingesetzte Kommission die Aufarbeitung der Fälle nicht leisten kann, muss er zügig klären, auf welche Art und Weise dies stattdessen stattfinden wird und Meldungen abschließend bearbeitet werden", so Ghirmai und Stahr.
Zum Eklat kam es Mitte Dezember. Gelbhaar zog seine interne Kandidatur um einen Listenplatz für die Bundestagswahl zurück, weil Vorwürfe gegen ihn im Raum stehen würden, wie er damals mitteilte, ohne sie jedoch zu konkretisieren. Später wurde klar, dass es um mehrere Fälle angeblicher Belästigung und einen Missbrauchsvorwurf gehen soll. Er selbst machte die Details später öffentlich. Daraufhin wurde auch seine Direktkandidatur vom Kreisverband abgesagt und eine Neuwahl durchgeführt, die Gelbhaar verlor. Im nächsten Bundestag wird der Grünen-Politiker nicht mehr vertreten sein.
Kommission prüft Vorwürfe
Mehrere große Anschuldigungen stellten sich in den ersten Tagen des Jahres als falsch heraus. Die verantwortliche Parteikollegin trat aus den Grünen aus. Doch sieben Frauen hielten an ihren Schilderungen fest, woraufhin das parteiinterne Ombudsverfahren abgesetzt und die Kommission installiert wurde.
Doch diese widmet sich jetzt nicht der Aufklärung im Fall Gelbhaar an sich. Wie der "Spiegel" meldete, geht es viel mehr um die Frage, warum im Dezember so viele Frauen innerhalb kurzer Zeit Vorwürfe gegen Gelbhaar geäußert haben. Eine von ihnen sprach mit dem Magazin über den Ablauf der Ermittlungen. Sie schilderte ihren Eindruck: "Uns Frauen glaubt aktuell quasi keiner."
Gelbhaars Anwalt Markus Goldbach erklärte, der Kommission geht es darum, die Anschuldigungen "inhaltlich zu prüfen". Die Vorwürfe sollen kategorisiert werden, ob sie "unbegründet, vage, erhärtet oder begründet sind". Der geschasste Bundestagsabgeordnete sagte, er arbeite "konstruktiv mit an der Aufklärung der falschen und auch der noch verbliebenen unbekannten Meldungen sowie der Hintergründe dazu".