Ein Vorbild von Trump ist El Salvadors Präsident Bukele, der die kriminellen Banden im eigenen Land im eisernen Griff hält. Nun empfängt Trump ihn im Weißen Haus. Bukele soll der US-Regierung bei ihren Abschiebungen helfen.
Es ist ein Treffen wie von MAGA gemalt. US-Präsident Donald Trump bewundert starke Staatschefs, insbesondere dann, wenn sie beliebt sind. Sein Amtskollege Nayib Bukele hat sich in El Salvador zu einem autoritären Präsidenten entwickelt, der mit eisenharter Hand die Kriminalität in den Griff bekam - der "coolste Diktator der Welt" hat deshalb im eigenen Land eine Zustimmungsrate von etwa 80 Prozent. Nun ist Bukele zu Gast im Weißen Haus. Er soll dabei helfen, Trumps Wahlversprechen zu erfüllen, in den USA die "größte Abschiebeaktion in der Geschichte" durchzuführen.
"Wir sind von der Mordhauptstadt der Welt zum sichersten Land der Hemisphäre geworden", brüstet sich der neben Trump sitzende Salvadorianer: "Andere sagen, wir hätten Tausende (Menschen) eingesperrt, ich sage, wir haben Millionen befreit." Trump ist sichtlich beeindruckt, lehnt seinen Oberkörper ein wenig in Richtung seines Gastes. "Das ist richtig gut", lächelt er verbindlich und scherzt: "Darf ich den Satz verwenden?" Bukele bietet mehrfach seine Unterstützung an. "Wir sind ein kleines Land, aber wir können helfen." Trump könne 350 Millionen Menschen "befreien".
Es ist kein Zufall, dass Trump so freundlich zu Bukele ist. Der Salvadorianer hat den USA bereits unter die Arme gegriffen. Der ist ohnehin ein bekanntes Gesicht in Trumps "Make America Great Again" alias MAGA-Universum. In Zukunft könnte er den zentralamerikanischen Staat zu einem Dreh- und Angelpunkt der beabsichtigten Massenabschiebungen durch die US-Regierung machen.
Seit März hat Bukele mehr als 200 venezolanische Einwanderer aus den USA aufgenommen - denen Trumps Regierung Bandenaktivitäten und Gewaltverbrechen vorwerfen - und sie in das berüchtigte Hochsicherheitsgefängnis des Landes für Bandenkriminalität ("Centro De Confinamiento Del Terrorismo", kurz CECOT) unweit der Hauptstadt San Salvador gebracht. El Salvadors Justizminister tönte einmal, der einzige Weg aus CECOT heraus sei ein Sarg. Die US-Regierung bezahlt laut Medienberichten Geld dafür.
Sind das überhaupt Kriminelle?
Doch was die US-Regierung sagt, ist das eine. Was das Investigativ-Team des US-Fernsehsenders CBS recherchiert hat, das andere. "Eine überwältigende Mehrheit" der Abgeschobenen hat demnach nichts mit kriminellen Organisationen zu tun, wurde nie verurteilt oder angeklagt. Unter den Inhaftierten seien unter anderen ein Fußballer, ein Lieferdienstfahrer und ein Mode-Experte.
Kritiker sagen nun, Trumps Regierung wolle wie mit den Abschiebeflügen nach Guantánamo ein Exempel statuieren, das Angst unter Migranten verbreiten soll: Wir machen mit euch, was wir wollen, egal was die Gerichte sagen. Die US-Regierung hat auch Hunderte Visa für ungültig erklärt, weil ihre Besitzer sich kritisch über Israel oder propalästinensisch geäußert hatten.
Die nun in El Salvador inhaftierten Migranten wurden ohne Verhandlung und auf Basis eines Gesetzes von 1798 über "ausländische Feinde" auf Anweisung des US-Außenministeriums abgeschoben. Ein Gericht hatte die Flüge stoppen wollen, aber es war bereits zu spät. "Oopsie... Too late", twitterte Bukele dazu, und versah die Nachricht mit einem Tränen lachenden Emoji. Nun sitzt er im Oval Office neben Trump. Auch eine ganze Reihe an US-Kabinettsmitgliedern ist anwesend. "Es ist wundervoll, dass wir einen Ort haben, wohin wir die Schlimmsten der Schlimmen schicken konnten", bedankt sich Heimatschutzministerin Kristi Noem bei Bukele: "Danke für Ihre Partnerschaft." Zu Noems Ressort gehört auch die Migrationsbehörde ICE, die mit eigenen bewaffneten Beamten Migranten festnimmt und abschiebt.
Unter den im März ausgeflogenen Venezolanern war auch der Salvadorianer Kilmar Ábrego García. Dessen Fall wird vor Gerichten und in den US-Medien als Beispiel für die Willkür der Regierung in aller Breite verhandelt. García besaß einen gültigen Aufenthaltsstatus, wurde aber trotzdem abgeschoben. Die Regierung gab zwar einen "Verwaltungsfehler" zu, hat aber die Verantwortung für eine Rückführung von sich gewiesen. Der Supreme Court entschied lediglich, die US-Regierung müsse Garcías Rückkehr "ermöglichen". Die ebenfalls anwesende Justizministerin Pam Bondi erklärt, der Mann sei ein Mitglied der brutalen Gang MS-13, den sogenannten Maras. Garcías Anwalt hat das vor Gericht bestritten.
Vor laufenden Kameras entspinnt sich eine juristische Diskussion, die Trump mit süffisantem Lächeln verfolgt. Nach Bondi gibt der Migrations-Hardliner Stephen Miller eine ausführliche Begründung ab. Gerichte dürften sich nicht in die Außenpolitik einmischen, dies sei allein Sache des Präsidenten - der Supreme Court habe das einstimmig entschieden. Auch Marco Rubio äußert sich entsprechend. Die Entscheidung liege bei Bukele, sind sich alle einig. Der meint jedoch: "Ich werde keinen Terroristen zurück in die USA schmuggeln." Das gefällt seinem Sitznachbarn.
"Mehr Gefängnisse bauen"
Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Ländern soll weitergehen. "Ich habe ihn gebeten, mehr Gefängnisse zu bauen", sagt Trump über sein Gespräch mit Bukele. Er wolle dabei finanziell helfen und so viele Kriminelle wie möglich nach El Salvador abschieben. Millionen gefährliche Menschen befänden sich in den USA, die kein Recht darauf hätten, meint Trump. Er würde auch eigene, "sehr schlechte" Staatsbürger in die dortigen Gefängnisse verbannen, falls das rechtlich möglich sei. Er bittet Bondi und Miller, dies zu prüfen.
Trump und die US-Regierung testen damit weiterhin ihre Grenzen beim Thema Migration aus. Wie hart können sie vorgehen, um ihre Wahlkampfversprechen zu erfüllen? Dabei hatten Trump und andere Migranten immer wieder pauschal als Vergewaltiger, Drogenschmuggler oder Terroristen bezeichnet.
Miller sei täglich damit beschäftigt, einen Weg zu finden, pro Jahr eine Million Menschen abzuschieben, meldete zuletzt die "Washington Post". Im Visier der US-Regierung sind demnach insbesondere 1,4 Millionen Migranten, gegen die es schon eine Abschiebeanordnung gebe, deren Herkunftsländer sich jedoch weigerten, sie aufzunehmen. Derzeit verhandle das Weiße Haus deshalb mit 30 Drittländern, die diese Menschen aufnehmen könnten, heißt es im Bericht. Die höchste jährliche Zahl eines vorherigen Präsidenten waren bislang 400.000 Abgeschobene unter Barack Obama.
Permanenter Ausnahmezustand
Bukele ist wegen seiner eisenharten Hand gegen Kriminelle in Trumps Team hoch angesehen, schreibt das "Wall Street Journal". Bukele hatte sich 2019 die Unterstützung der Gangs (Pandillas) erkauft, um Präsident zu werden. Im Jahr 2022 ging die Allianz in die Brüche. Die Pandillas richteten ein Blutbad an, Bukele reagierte mit maximaler Härte: Er rief den Ausnahmezustand aus, ließ innerhalb weniger Wochen rund 30.000 Menschen festnehmen und erlaubte Gerichtsverhandlungen für jeweils Hunderte Angeklagte gleichzeitig. In den Gefängnissen ist Folter an der Tagesordnung.
Die Ermittlungen wegen seiner Deals mit den Pandillas erstickte Bukele, indem er den verantwortlichen Staatsanwalt feuerte, das Oberste Gericht hatte er bereits zuvor unter seine Kontrolle gebracht. Dies ermöglichte ihm im vergangenen Jahr eine Wiederwahl, die er mit fast 85 Prozent der Stimmen gewann, die es laut Verfassung aber nicht hätte geben dürfen. Der Ausnahmezustand gilt noch immer. Spezialkräfte können weiterhin auf eigene Faust in Wohnungen eindringen und Menschen festnehmen. Mehr als 80 Prozent der salvadorianischen Bevölkerung befürworten die Maßnahme.
El Salvador hat inzwischen eine der niedrigsten Mordraten Amerikas, aber die weltweit höchste Inhaftierungsquote. Mehr als 1 Prozent der Bevölkerung sitzt im Gefängnis. "Die Menschenrechtsgruppen sind um die Rechte der Mörder besorgt", rechtfertigte Bukele sich im vergangenen Jahr: "Aber wenn man Prioritäten setzen muss, was würden Sie priorisieren?" Eine Frage, die sich auch Trump und seine Regierung stellen dürften.