Weltweites Entsetzen über eskaliertes Trump-Selenskyj-Gespräch

Vor laufender Kamera fahren US-Präsident Donald Trump und sein Vize J.D. Vance im Weißen Haus den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit harschen Tönen an. Sie verbreiten Kreml-Erzählungen und setzen den Staatschef unter Druck. Beobachter können nicht fassen, was sich im Oval Office abspielt.

Das zentrale Ziel von Wolodymyr Selenskyj sind Sicherheitsgarantien für sein Land, um dauerhaft vor Russland geschützt zu sein. Die neue US-Regierung wirkt bislang nicht so, als würde sie diese leisten - Washington verweist stattdessen auf Europa. Als Selenskyj bei einem Besuch in Washington um amerikanische Sicherheitsgarantien für die Ukraine bittet, wird er dafür von US-Präsident Donald Trump und dessen Vizepräsident J.D. Vance scharf angegriffen.

Es sei respektlos von Selenskyj, auf Sicherheitszusagen der USA zu drängen, sagt Trump. "Sie setzen das Leben von Millionen von Menschen aufs Spiel" behauptet der US-Präsident an seinen Gast gewandt. "Sie spielen mit dem Dritten Weltkrieg, und was Sie tun, ist sehr respektlos gegenüber dem Land, das Sie weit mehr unterstützt hat, als viele Leute sagen, dass sie es hätten tun sollen."

Beobachter sind entsetzt über den Schlagabtausch und die Art und Weise, wie die beiden US-Amerikaner den ukrainischen Staatschef behandelt haben. Die Reaktionen:

Kaja Kallas, EU-Chefdiplomatin: "Wir werden unsere Unterstützung für die Ukraine verstärken, damit sie sich weiterhin gegen den Angreifer wehren kann. Heute wurde deutlich, dass die freie Welt einen neuen Führer braucht. Es liegt an uns, den Europäern, diese Herausforderung anzunehmen."

John Bolton, ehemaliger Nationaler Sicherheitsberater von Trump: "Trump und Vance haben sich im russisch-ukrainischen Krieg auf die Seite Russlands gestellt. Das ist ein katastrophaler Fehler für die nationale Sicherheit Amerikas.

Olaf Scholz, Bundeskanzler: "Niemand will Frieden mehr als die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine! Deswegen suchen wir gemeinsam den Weg zu einem dauerhaften und gerechten Frieden. Auf Deutschland - und auf Europa - kann sich die Ukraine verlassen."

Illia Ponomarenko, ukrainischer Journalist: "Es ist einfach beschämend. Sie verbiegen sich schamlos, um irgendetwas - irgendetwas - an Selenskyj zu finden, sogar seine Kleidung, nur um einen Vorwand für einen billigen Streit zu fabrizieren, als wäre dies eine schmutzige Sauferei und nicht das Oval Office."

Chuck Schumer, Anführer der US-Demokraten im Senat: "Trump und Vance machen Putins Drecksarbeit. Die Demokraten im Senat werden nie aufhören, für Freiheit und Demokratie zu kämpfen."

Thomas Jäger, Politikwissenschaftler: "Selenskyj war auf den Angriff im Weißen Haus nicht vorbereitet. Das war eine kalkulierte PR-Aktion, um die Hinwendung der USA zu Putin vor der US-Bevölkerung rechtfertigen zu können."

Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich: "Es gibt einen Aggressor: Russland. Es gibt ein angegriffenes Volk: die Ukraine. Wir alle hatten recht, der Ukraine zu helfen und Russland vor drei Jahren zu sanktionieren und dies auch weiterhin zu tun. Wir, das sind die Amerikaner, die Europäer, Kanadier, Japaner und mehrere andere."

Johann Wadephul, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion: "Die Szenen aus dem Weißen Haus sind schockierend. Wie kann man dem Präsidenten eines überfallenen Landes so in den Rücken fallen? Das freie Europa wird die Ukraine nicht verraten."

Iuliia Mendel, Ex-Sprecherin von Selenskyj: "Präsident Selenskyj war schon immer gut im Improvisieren. Das ist seine Stärke. Dank dieser Fähigkeit hatte er großartige Auftritte auf der Bühne, er konnte jeden Komiker oder Redner schlagen. Ich weiß nicht, wie sehr dieses Talent in der Diplomatie geholfen hat ..."

Annalena Baerbock, deutsche Außenministerin: "Die Ukraine ist nicht allein. Deutschland steht gemeinsam mit unseren europäischen Verbündeten geschlossen an der Seite der Ukraine - und gegen die russische Aggression. Die Ukraine kann auf unerschütterliche Unterstützung aus Deutschland, Europa und darüber hinaus bauen."

Lars Klingbeil, SPD-Co-Parteichef: "Das Verhalten der US-Regierung zeigt einmal mehr, dass Europa seine Zukunft stärker in eigene Hände nehmen muss. Wir müssen gemeinsam auf allen Ebenen stärker werden. Deutschland muss und wird vorangehen. Auch um der Ukraine zu helfen."

Marco Rubio, Außenminister der USA: "Danke, Donald Trump, dass Sie sich für Amerika einsetzen, wie es noch kein Präsident zuvor gewagt hat. Danke, dass Sie Amerika an die erste Stelle setzen. Amerika ist mit Ihnen!"

Susan Glasser, Autorin beim Magazin "New Yorker": "Das ist das schockierendste Verhalten von Trump und Vance, das ich je im Oval Office gesehen habe. Ein Hinterhalt."

Donald Tusk, Premierminister von Polen: "Lieber Wolodymyr Selenskyj, liebe ukrainische Freunde, Ihr seid nicht allein."

Sigmar Gabriel, ehemaliger deutscher Außenminister: "Unter Trump werden die USA zur 'schurkischen Supermacht'. Diese Prognose des konservativen (!) amerikanischen Publizisten ist zur bitteren Realität geworden. Trump und Vance beleidigen Präsident Selenskyj vor laufender Kamera. Schlimmer würde es Putin auch nicht treiben."

Dmitri Medwdew, russischer Vizechef des nationalen Sicherheitsrats: "Das undankbare Schwein bekam eine kräftige Ohrfeige von den Besitzern des Schweinestalls. Das ist nützlich."

Denis Trubetskoy, ukrainischer Journalist: "Man muss Selenskyj persönlich nicht mögen, aber: Mit dem Präsidenten eines seit drei Jahren grundlos überfallenen Landes spricht man anders. Punkt."

Nico Lange, Militärexperte: "Harte Zeiten für Transatlantiker. Für das Verhalten von vor allem J.D. Vance heute im Oval Office gegenüber Präsident Selenskyj kann man sich nur schämen. Widerspricht den Werten Amerikas."

Pedro Sanchez, spanischer Ministerpräsident: "Ukraine, Spanien steht an Eurer Seite."

Roderich Kiesewetter, CDU-Außenexperte: "Was die Attacke von Donald Trump auf Selenskyj im Oval Office manifestiert, ist, dass Donald Trump die Seiten gewechselt hat und das jetzt vor allem der US-Bevölkerung 'verkaufen' will. Die USA sind somit kein Partner mehr."

Michael Roth, SPD, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag: "Es soll ja noch einige geben, die Trumps 'Disruptionen' etwas abgewinnen können. Hier nimmt er auf offener Bühne einem Präsidenten und seinem Land die Würde. Trump wirft die Ukraine einer Diktatur zum Fraß vor. Das ist politisch verheerend und menschlich unanständig."

Ruslan Stefantschuk, ukrainischer Parlamentspräsident: "NIEMAND hat das Recht zu vergessen, dass in diesem Krieg Russland der Angreifer und die Ukraine das Opfer der Aggression ist."