Bei den Sozialdemokraten tobt nach der verheerenden Wahlniederlage auch eine Personaldebatte. Die saarländische Ministerpräsidentin Rehlinger nimmt sich dabei jetzt selbst als Kandidatin für die Parteispitze aus dem Spiel. An CDU-Chef Merz richtet sie vor Beginn der Sondierungen eine Kampfansage.
Die SPD-Ministerpräsidentin des Saarlands Anke Rehlinger fordert eine personelle Neuaufstellung ihrer Partei. "Das muss aber in der Gesamtschau, wie stellt sich die SPD in möglicher Regierung und in Fraktion und Partei auf, geschehen", sagte sie dem "Tagesspiegel". Den schnellen Griff von Lars Klingbeil nach dem Fraktionsvorsitz verteidigt Rehlinger. "Es geht doch jetzt darum, dass Herr Merz Klarheit hat, wen er anrufen muss. Das ist Lars Klingbeil. Es wäre jedenfalls nicht besser gewesen, zwei Tage zu irrlichtern und dann diese Entscheidung zu treffen."
Rehlinger begründete ihre Entscheidung, nicht für eine Neubesetzung der SPD-Spitze zur Verfügung zu stehen. "Die SPD aus Saarbrücken zu führen, ist kaum zu schaffen. Die SPD braucht volle Energie und das Saarland sowieso." Eine größere Rolle für Bärbel Bas kann sie sich hingegen vorstellen. "Bärbel Bas könnte mehr Verantwortung für die SPD übernehmen, an welcher Stelle auch immer", sagte Rehlinger. Sie gebe aber keine Plädoyers für Posten ab, "wir haben ja eine gewählte Parteispitze". Zur künftigen Rolle von Boris Pistorius sagte Rehlinger, diese solle unbedingt eine sehr wichtige sein.
Von CDU-Chef Friedrich Merz fordert sie aber Zugeständnisse für eine Zusammenarbeit in einem schwarz-roten Bündnis. "Friedrich Merz muss uns entgegenkommen, er erweckt bislang den Eindruck, als hätte er eine absolute Mehrheit", sagte Rehlinger. "Wenn er Kanzler werden will, braucht er 100 Prozent SPD. Die gibt es aber nicht für 16 Prozent Inhalte." Mit dem Motto "Vogel, friss oder stirb" werde Merz die SPD nicht für sich gewinnen.
Rehlinger weist darauf hin, dass Merz Vertrauen verspielt habe, "nicht nur bei der SPD, sondern auch bei Gewerkschaften, Kirchen und der Zivilgesellschaft, die er als 'linke Spinner' beschimpft hat". Dieses Vertrauen müsse er zurückgewinnen. "Als Bundeskanzler hat man die Aufgabe, die Gesellschaft zusammenzuführen, nicht zu spalten."
Aus Rehlingers Sicht ist auch die Debatte über die umstrittenen Migrations-Abstimmungen vor der Bundestagswahl nicht beendet. "Herr Merz muss schon erklären, ob wir damit rechnen müssen, dass gemeinsame Abstimmungen von Union und AfD jetzt regelmäßig vorkommen", sagte sie. "Die Bürger wollen wissen, ob sie ihm vertrauen können."