"Elon Musk vertritt die Werte, die ich ihm vermittelt habe"

Will man Elon Musk verstehen, muss man auch seine Kindheit verstehen. Ein Gespräch mit Vater Errol Musk bietet einen Einblick in das Leben des Tesla- und SpaceX-Chefs, seine Hinwendung zu Donald Trump und die Unterstützung der AfD.

Elon Musks Vater sitzt in seinem Haus in Langebaan im Westkap Südafrikas. Der 79-jährige südafrikanische Ex-Kommunalpolitiker und Geschäftsmann Errol Musk ist unerwartet gesprächig. Ein Verschwörungstheoretiker, rechthaberisch und dominant. Viele Jahre hatten Vater Musk und sein ältester Sohn Elon keinen Kontakt. Zu unterschiedlich waren ihre Lebensauffassungen. Doch seitdem Elon vom Lager des inzwischen ehemaligen US-Präsidenten Joe Biden in das seines Amtsnachfolgers Donald Trump gewechselt ist, reden die beiden Männer wieder miteinander.

Wie Trump ist auch Musks Vater ein Verfechter der Vorherrschaft einer exklusiven Gesellschaftsgruppe. Ihre Welt ist weiß und von Reichen dominiert. Beide sind zudem fast gleich alt, kennen sich auch persönlich. Mit seiner Nähe zu Trump kehrt Elon Musk zurück zu seinen Familien-Wurzeln. Laut Vater Musk wird sein 53-jähriger Sohn jedoch schon bald die Arbeit in der US-Administration, der Abteilung für Regierungseffizienz Doge, aufgeben und sich wieder auf seine Tech-Unternehmen konzentrieren.

Die Lagune schillert türkis, der Wind streicht durch die Palmen. 120 Kilometer von Kapstadt entfernt, lockt die Lagunenlandschaft von Langebaan viele Touristen. Das "Juwel der Westküste" am Kap von Afrika zählt gerade mal 10.000 Einwohner. Errol Musks besitzt hier eine inzwischen in die Jahre gekommene Villa. Vor der Garage stehen ein Bentley und ein Jaguar Cabrio. Im Haus herrscht organisiertes Chaos. "Ich habe auch einen Tesla. Der steht in meinem Haus in Texas", sagt er, der eigentlich traditionelle Luxuskarossen liebt. "Manchmal fahre ich mit dem Tesla." Er lacht laut. Errol Musk ist ein Mann, der den Raum füllt und wenig Platz für andere lässt. Und er mag es nicht, als Vater von Elon Musk angesprochen zu werden. Im Schatten zu stehen, ist offenbar nicht sein Ding.

"Meine Name ist Errol Graham Musk", sagt er schmunzelnd in gebrochenem Deutsch. Er habe ein wenig Deutsch auf seinen Reisen in der DDR gelernt. In den 1980er Jahren, als er als Bauunternehmer im Auftrag der südafrikanischen Apartheid-Regierung Ausstattungsteile wie elektrisches Vorschaltgerät für Leuchten in Ost-Berlin einkaufte. Die DDR betrieb damals Handel mit Südafrika, während der Westen weitreichende Sanktionen gegen das rassistische Regime durchsetzte. Offizielle Beziehungen zu Südafrika unterhielt jedoch auch die DDR nicht. "Ach, die Menschen dort in der DDR, so viele schöne Menschen. Wie kann man nur so gut aussehen?", erinnert sich Errol Musk.

Auch die blonde Chefin von der AfD sei gut aussehend, sagte er. An Alice Weidels Namen erinnert er sich nicht sofort. Auf die Frage, was er davon halte, dass sein Sohn Elon während des Bundeswahlkampfes die AfD unterstützt habe, sagt er: "Die AfD hat mich zuerst kontaktiert und gefragt, ob sie mich interviewen können." Weidel habe persönlich mit ihm gesprochen und um Unterstützung im Wahlkampf gebeten. Die Initiative sei von der AfD ausgegangen. "Das ist eine ausgezeichnete Frau. Ich habe ihr gesagt: 'Ihr tut das Richtige.'" Man könne Deutschland nicht verkommen lassen. "Die Deutschen müssen sich für nichts schämen. Die Geschichte reicht nicht nur 50 Jahre zurück." Er habe nicht zwischen Weidel und seinem Sohn vermittelt, aber Elon und er seien diesbezüglich einer Meinung. Wie in so vielen Dingen.

"Wir reden über Familie" - alles andere per Mail

"Wissen Sie, bis vor vier oder fünf Jahren hat Elon Propaganda und Fake Medien unterstützt", sagt Errol Musk. "Aber jetzt kehrt er zurück zu den Dingen, die ich ihm als Kind beigebracht habe. Meine Werte decken sich nicht mit - naja, Sie wissen schon - Männern, die Frauenkleider tragen und Frauen, die in den Boxring steigen. Das unterstütze ich nicht."

Auch wenn Vater und Sohn wieder regelmäßig Kontakt haben, besonders herzlich wirkt ihre Beziehung nicht. "Wenn ich mit meinem Sohn spreche, reden wir über die Familie. Für andere Themen schicke ich lieber eine Mail", sagt Errol Musk. Als sein Sohn Twitter gekauft hat, habe er ihm viele Ratschläge gegeben.

Auch nach dem ersten Attentat auf Donald Trump habe Elon die Meinung seines Vaters über die Position des Attentäters erfragt. Die Aufklärung des Attentats sei eine einzige Verschwörung, meint er. Der eigentliche Täter sei bis heute nicht gefasst. In den vergangenen Wochen tausche er sich viel mit seinem Sohn über die "verfaulten Äpfel" bei USAID aus. Trump und Musk wollen die US-Entwicklungshilfeorganisation massiv umbauen. Durch eine umfassende Ausgabensperre wurde ein Großteil der Programme weltweit gestoppt. Die Behörde wird personell drastisch verkleinert. Vor einem Jahr haben sich Vater und Sohn zum bislang letzten Mal getroffen. "Er hat mich zum SpaceX Launch eingeladen. Das war gut", sagt Errol.

Elon Musk wuchs mit seinen leiblichen Geschwistern Kimbal und Tosca zu Apartheidzeiten in der südafrikanischen Hauptstadt Pretoria auf. Das waren aus Sicht seines Vaters gute Jahre. Errol Musk verdiente viel Geld. "Heute lebt der Botschafter der Europäischen Union in unserem Haus in Pretoria". Elon Musk hat seine Kindheit mehrfach als "grausam" bezeichnet. Vor den Schilderungen seines Vaters warnte er - diese entsprächen nicht immer der Wahrheit. Doch in den vergangenen Jahren wird der Ton milder. Elon und sein Bruder Kimbal hätten in den USA Mitleid heischen wollen und deshalb von einer harten Kindheit gesprochen, sagte Vater Errol Musk.

"Was immer Du tust, mache es ordentlich", habe er Elon immer wieder gesagt. Der kleine Elon habe erlebt, wie sein Vater mit großen Geldmengen aus dubiosen Smaragden-Deals aus Sambia heim kam. Es sei so viel Geld gewesen, dass der Safe im Haus in Pretoria überquoll. "Wir haben dann immer gelacht, weil wir die Klappe nicht mehr schließen konnten." Damals habe Elon auf Geheiß seines Vaters regelmäßig den Pferdestall ausmisten müssen. Er habe dabei seinen Sohn stoppen müssen. "Er hat übertrieben." Genau so arbeite Elon auch heute noch, sagt sein Vater.

"Elon hat nicht das Zeug für die Politik"

"Mein Sohn hat jetzt diesen Job bekommen. Das ist kein politisches Amt." Elon habe nicht das Zeug für die Politik, sagt er mit erhobenem Zeigefinger. Elon könne nicht mit Menschen umgehen. Trump werde seinen Sohn schon bald in die Schranken weisen müssen. "Elon sieht momentan alles schwarz und weiß. Er will immer alles richtig machen."

Mit Blick auf Elons Musks Auftritte vor den Republikanern sagt er, die unwirsch anmutenden Bewegungen seines Sohnes seien lediglich Ausdruck von Unsicherheit. "Ich kann Ihnen nur sagen, Elon will nicht da sein, will nur runter von der Bühne." Man brauche viel Erfahrung, um sich auf so großer Bühne bewegen zu können. Errol Musk zeigt, wie es seiner Meinung nach aussehen muss: Hände in den Taschen. Locker mit dem Fuß nach vorn.

Ist er stolz auf seinen Sohn? "Nein, Eltern sollten nicht stolz auf den Erfolg der eigenen Kinder sein", sagt er. "Stolz bin ich, wenn mein Kind etwas mit einem anderen Kind teilt, wenn es einem Freund hilft. Als Elternteil sollte man glücklich und dankbar sein, wenn ein Kind das Zeug hat, auf eigenen Beinen zu stehen." Setze ihm die wachsende Kritik in aller Welt an seinem Sohn zu? "Wer Erfolg hat, wird kritisiert. So ist das im Leben." Das sage er Elon auch immer wieder.

Bis zu seinem 18. Lebensjahr lebte der spätere Tech-Mogul in Südafrika. "Südafrikanische Kinder können grob sein. Das ist keine Gesellschaft für Schwächlinge", sagt er. "Ich glaube, in Deutschland war das einst auch so. Entweder, Du weißt, was du tust, oder Du kannst schnell rennen." Beim ersten Teil des Satzes ballt er die Faust, boxt in die Luft.

Musk und Trump gegen Südafrika

Im Haus in Langebaan steht eine Staffelei, darauf ein angeblich von Errol Musk gemaltes Bild seines ersten Sohnes. "Elon macht sich auf in die USA, Juni 89" steht am unteren Rand. Der Porträtierte wirkt fröhlich und aufgeweckt. Acht Monate später wurde Nelson Mandela nach 33 Jahren Haft entlassen. Elon, der nach kurzer Zeit in Kanada in den USA studierte, verlor somit seine privilegierte weiße Heimat. Sein Vater sattelte um. Derzeit betreibt er Dutzende Firmen, macht viele Geschäfte in Arabien. Für die demokratisch gewählte Regierung Südafrikas hat er kein gutes Wort übrig.

Heute sind Vater und Sohn Musk Teil einer von weißen, extrem Konservativen angeführten Kampagne gegen die größte Wirtschaftsnation auf dem afrikanischen Kontinent. Elon Musk unterstützt die Verbreitung von Lügen über angebliche von der schwarzen Regierung veranlasste Landenteignungen weißer Grundbesitzer. Trump spricht von einem Genozid an weißen Südafrikanern. Er hat alle US-Hilfen für Südafrika einstellen lassen.

Elon Musk führt seinen eigenen Krieg gegen Südafrika. Er könne sein Satellitensystem Starlink im rassistischen Südafrika nicht anbieten, weil er weiß sei, schreibt er bei X. Den Behörden liegt derweil nach Auskunft des südafrikanischen Präsidialamts bisher gar kein Antrag zur Betriebsaufnahme von Starlink vor.

Südafrikas Wirtschaft leidet maßgeblich unter den verschlechterten Beziehungen zu den USA, dem wichtigsten Wirtschaftspartner der Kap-Nation. Bisheriger Tiefpunkt der Beziehungen ist die Ausweisung des südafrikanischen Botschafters aus den USA. Ebrahim Rasool wurde am Wochenende von Außenminister Marco Rubio zur "Persona non grata" erklärt - per X. Der Botschafter hatte US-Präsident Trump in einem Webinar als "führenden Vertreter einer Bewegung zur Herstellung der weißen Vorherrschaft in Amerika und der Welt" bezeichnet.

Südafrikas Präsident Cyril Ramphosa hat unlängst bei Errol Musk anrufen und nach der Telefonnummer seines Sohnes Elon fragen lassen. Es sollte um ein direktes Gespräch zwischen dem Präsident und dem südafrikanischen Staatsbürger Elon Musk gehen. "Ich habe denen gesagt, ich rufe meinen Sohn lieber selbst an. Dann muss er entscheiden, was er tut."

Errol Musk rät derweil seinem Sohn, "erst mit Donald zu sprechen" und um Erlaubnis zu bitten. Ohne dessen Zustimmung könne sein Sohn ja nicht mit einem anderen Staatsoberhaupt ein Gespräch führen. "So macht man das in der Politik. Ich kenne mich da aus!" Errol Musk saß mehrere Jahre im Stadtrat von Pretoria. Das Gespräch zwischen Elon Musk und Ramphosa hat stattgefunden - vor der Ausweisung des Botschafters.