Ein deutsches Forschungsteam entdeckt im Bitteren Saftporling den wohl bittersten Geschmack, der der Menschheit bekannt ist. Ein besonderer Bitterstoff aktiviert die Geschmacksrezeptoren selbst in geringsten Konzentrationen. Gleichzeitig ist der Pilz vollkommen ungiftig, wenn auch ungenießbar.
Sein Name verrät es bereits: Der Bittere Saftporling (Amaropostia stiptica) schmeckt bitter. Doch wie bitter? Das wollte ein deutsches Forschungsteam herausfinden. Dafür analysierte es den Pilz auf molekularer Ebene - und fanden Erstaunliches: den wohl bittersten Geschmack, der der Menschheit bekannt ist. Ihre Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift "Journal of Agricultural and Food Chemistry" veröffentlicht.
Insgesamt entdeckten die Forschenden drei bisher unbekannte Bitterstoffe, die sie anschließend an im Labor gezüchteten Geschmackszellen testeten. Dabei stellte sich heraus, dass einer der Stoffe die stärkste jemals entdeckte bittere Substanz sein könnte. Er heißt Oligoporin D und aktiviert den menschlichen Bittergeschmacksrezeptor TAS2R46, selbst bei geringsten Konzentrationen: 63 Mikrogramm pro Liter reichen aus. Man würde selbst eine Prise des Stoffes, aufgelöst in einem olympischen Schwimmbecken, herausschmecken.
Mit ihren neuen Erkenntnissen hofft das Forschungsteam, das Wissen über die molekulare Vielfalt und Wirkungsweise natürlicher Bitterstoffe zu erweitern. "Langfristig könnten Erkenntnisse auf diesem Gebiet neue Anwendungen in der Lebensmittel- und Gesundheitsforschung ermöglichen, zum Beispiel bei der Entwicklung sensorisch ansprechender Lebensmittel, die die Verdauung und das Sättigungsgefühl positiv beeinflussen", erklärt Studienautor Maik Behrens von der Technischen Universität München in einer Mitteilung.
Welche Rolle spielen Bitterrezeptoren?
In der Datenbank "BitterDB" sind aktuell mehr als 2400 Bitterstoffmoleküle erfasst. Die Forschung geht davon aus, dass diese Rezeptoren sich im Laufe der Evolution bei Menschen entwickelt haben, um vor dem Verzehr von potenziell schädlichen Substanzen zu warnen. Aber: Nicht alle Bitterstoffe sind giftig oder schädlich für Menschen, heißt es in der Studie. Und noch viel wichtiger: Nicht jeder Giftstoff schmeckt bitter.
So besitzt der Bittere Saftporling zwar den stärksten natürlichen Bitterstoff, ist aber vollkommen ungiftig und im Prinzip essbar, wenn auch ungenießbar. Im Gegensatz dazu schmeckt der tödliche Grüne Knollenblätterpilz angenehm und nussig. Dabei reichen bereits 35 Gramm des Pilzes für eine tödliche Dosis bei einer 70 Kilogramm schweren Person. Man kann sich also nicht auf den Geschmack verlassen, um giftige von ungiftigen Pilzen zu unterscheiden.
Allerdings seien Menschen nicht die Hauptfressfeinde von Pilzen, betonen die Studienautoren. "Viele andere Wirbeltiere und Wirbellose verzehren sie und ihre Rezeptoren sind möglicherweise besser darauf eingestellt, giftige von ungiftigen Pilzen zu unterscheiden."