Die Wahlniederlage trifft die SPD hart. Knapp zehn Prozentpunkte büßt die Partei bei der Bundestagswahl im Vergleich zur vorigen ein. Einige Sozialdemokraten sprechen sich jetzt für eine "radikale Neuausrichtung" und personelle Konsequenzen aus.
Die Berliner SPD-Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey fordert eine Aufarbeitung der Bundestagswahl in ihrer Partei. "Nach dem historisch schlechten Wahlergebnis der SPD am vergangenen Sonntag ist es offensichtlich, dass daraus in der Partei Konsequenzen gezogen werden müssen", sagte die Politikerin dem "Tagesspiegel". Dies gelte für das Programm der Partei, aber auch persönlich für die SPD-Bundesspitze.
"Ein einfaches Weiter-so mit den gleichen handelnden Personen kann aus meiner Sicht nicht die Antwort auf die notwendige Frage der Erneuerung sein", wurde die ehemalige Familienministerin mit ihrer Forderung nach einem Personalwechsel deutlich. "Es gibt fähige Personen in der Partei, die jetzt mehr Verantwortung übernehmen könnten. Das muss ermöglicht werden."
Der SPD-Chef Lars Klingbeil sprach noch am Wahlabend von einem nötigen "Generationenwechsel". Sich selbst ließ er dabei aber außen vor. Klingbeil erklärte, den Fraktionsvorsitz zu übernehmen. "Bei unserer Parteibasis kam es überhaupt nicht gut an, dass der Parteivorsitzende im Moment der bittersten Niederlage zunächst einen Spitzenposten mit sich selbst besetzt", sagte Falk Wagner, Vorsitzender der SPD Bremen, zum "Tagesspiegel". "Der von Lars Klingbeil angekündigte Generationenwechsel ist wichtig, deshalb muss damit deutlich mehr gemeint sein als eine Person", fuhr der Sozialdemokrat aus dem Norden fort.
SPD-Vorstandsmitglied Ibrahim Yetim erklärte der Zeitung, die SPD habe "so auf die Fresse bekommen, dass sich Esken und Klingbeil fragen müssen, ob sie die richtigen Vorsitzenden sind". Er erklärte weiter: "Wir tun so, als sei am Sonntag nichts geschehen. Wir setzen auf ein Weiter-so mit den bekannten Personen. Das geht nicht."
"SPD braucht radikale Neuausrichtung"
"Ich kann nicht verstehen, dass es die Parteispitze nicht geschafft hat, Olaf Scholz zum Rückzug zu bewegen", übte der nordsächsische SPD-Fraktionschef Heiko Wittig Kritik am Plan der Sozialdemokraten. "Dass die SPD mit dem unbeliebtesten Kanzler der deutschen Geschichte in den Wahlkampf gegangen ist, bedeutete sehenden Auges in die Katastrophe zu laufen." Wittig sprach sich schon früh für einen Kanzlerkandidaten Boris Pistorius aus. Dafür erhielt er jedoch "keinerlei Unterstützung, sondern arge Schelte", berichtete er.
Der Sachse forderte nun Saskia Esken zum Rücktritt auf: Sie "kommt bei der Basis nicht an und sollte den Platz für Bärbel Bas als neue Co-Vorsitzende räumen".
Gernot Schmidt, SPD-Landrat des Kreises Märkisch-Oderland, sagte der Zeitung: "Die SPD braucht eine radikale Neuausrichtung und einen personellen Neuanfang, um verlorene Akzeptanz in der Bevölkerung zurückzugewinnen. Das sehe ich beim jetzigen Führungspersonal mit Ausnahme von Boris Pistorius nicht."