Mit ihrer eigenen Terrorvergangenheit geht Silke Maier-Witt hart ins Gericht. Bei der Ermordung Schleyers habe man SS-Methoden angewandt, sagt das RAF-Mitglied der zweiten Generation. Für die Nachfolger Klette und Garweg empfindet sie nur noch Mitleid.
Die frühere RAF-Terroristin Silke Maier-Witt hat die mutmaßlichen Taten von Daniela Klette scharf verurteilt. Klette und Burkhard Garweg - einst ebenfalls RAF-Mitglieder - seien "Rentner, die ihren Lebensunterhalt finanzierten, indem sie Leute überfallen und traumatisiert haben", sagte Maier-Witt in einem Interview mit dem "Stern". "Das ist nicht revolutionär. Das ist nur traurig."
Maier-Witt war im Jahr 1977 beteiligt an der Entführung des Arbeitgeberpräsidenten Hanns Martin Schleyer und gilt als Mitglied der sogenannten zweiten Generation der "Rote Armee Fraktion" (RAF). Klette und Garweg werden der dritten Generation zugeordnet. Vor einem Jahr wurde Klette in Berlin verhaftet, ihr werden mehrere Raubüberfälle sowie unerlaubter Waffenbesitz und versuchter Mord vorgeworfen. Ende März startet der Prozess gegen sie am Landgericht Verden.
Der noch immer untergetauchte Garweg lebte laut Ermittlern zuletzt auf einem Bauwagenplatz in Berlin. In einem "Brief aus der Illegalität" stellte er sich und Klette unlängst in einen Zusammenhang mit den weltweiten Kämpfen gegen Kapitalismus, Klimakrise, Patriarchat und Rassismus. Darauf angesprochen sagte Maier-Witt dem Magazin: "Der Garweg mit seinen Bauwagengeschichten auf einer Bühne mit den großen Revolutionären! Das ist schon wieder lustig, oder?"
"Klette muss sich sehr sicher gefühlt haben"
Über die Festnahme Klettes zeigte sie sich überrascht. "Ohne ein intaktes Umfeld von Sympathisanten hätte sie nie so lange unentdeckt bleiben können. Wir haben damals fast keine Wohnung mehr mieten können. Wir konnten die Miete ja schlecht überweisen. Und bar wäre auch aufgefallen. Ich habe mich in der DDR bemüht, nicht ein einziges Mal fotografiert zu werden. Und sie hat ein Facebook-Profil, ist in einer Tanzgruppe. Sie muss sich sehr sicher gefühlt haben."
Über ihre eigene Zeit in der linksextremistischen Terrorgruppe sagte Maier-Witt, die RAF sei zuletzt nur noch "perfektioniertes Töten" gewesen. Nach der Ermordung von Schleyer habe sie gelesen, er sei mit einem Genickschuss getötet worden. "Da habe ich gedacht: Das sind SS-Methoden, da bist Du jetzt also angekommen. Das ist das Bittere: Wir wollten alles anders machen - aber am Ende waren wir wie die SS."