EU-Kommission weicht Schutz des Wolfes auf

Seit der Wolf in einigen Regionen Europas wieder angesiedelt wird, klagen viele Landwirte über Risse ihrer Herden. Die EU-Kommission reagiert nun und ermöglicht den Staaten, die Tiere schneller abzuschießen. Der Deutsche Bauernverband findet die Entscheidung überfällig.

Die EU-Kommission will ihren Mitgliedstaaten ein schärferes Vorgehen gegen Wölfe ermöglichen. Wölfe sollen nach dem Willen der Brüsseler Behörde lediglich "strengem" und nicht mehr "sehr strengem" Schutz unterliegen, wie sie mitteilte. Damit können die EU-Länder den Abschuss der Tiere erleichtern, müssen es aber nicht. Das EU-Parlament sowie die Mitgliedstaaten müssen dem Vorschlag für die entsprechende Gesetzesänderung noch zustimmen.

"Die Dichte von Wolfsrudeln in einigen europäischen Regionen ist zu einer echten Gefahr geworden, insbesondere für Nutztiere", sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen laut Mitteilung. Um dem aktiver zu begegnen, hätten lokale Behörden lange nach mehr Befugnissen gefragt. Dem komme die Kommission nun nach.

Wölfe waren in Deutschland ausgerottet

Nach Angaben der Artenschutzorganisation WWF wurde der Wolf in Westeuropa und damit auch in Deutschland Mitte des 19. Jahrhunderts ausgerottet. Er überlebte demnach nur im Osten und Süden Europas. In den vergangenen Jahren erholten sich die Populationen hingegen deutlich. Wie aus dem Bericht für 2023/2024 des Bundesamts für Naturschutz hervorgeht, stieg die Zahl der nachgewiesenen Wölfe binnen Jahresfrist um 262 auf 1601. Schwerpunkte liegen unter anderem in Niedersachsen, Brandenburg und Sachsen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) geht von 1800 bis 3300 Tieren in Deutschland aus.

Die Anpassung sei eine gute Nachricht für die Weidetierhaltung und auch keine schlechte für den Artenschutz, sagte Agrarminister Cem Özdemir laut Mitteilung. "Denn Schafe, Ziegen und Rinder auf der Weide stärken die Artenvielfalt und den Erhalt wertvoller Kulturlandschaften."

Bauernverband spricht von überfälligem Schritt

Die Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr ihre Haltung in der Wolfspolitik geändert und eine Änderung der sogenannten Berner Konvention zugestimmt. Sie ist ein 1979 verabschiedeter völkerrechtlicher Vertrag des Europarates zum Schutz europäischer, wild lebender Tiere und Pflanzen. Die Änderung trat heute in Kraft und war Voraussetzung für das weitere Verfahren auf EU-Ebene.

"Die Anpassung ist mehr als überfällig und der Erhaltungszustand des Wolfsbestandes ist mehr als günstig", sagte DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken zum Vorschlag der Kommission. Weidetiere dürften nicht länger der "ungebremsten Ausbreitung" des Wolfes preisgegeben werden.

Nach Überzeugung des Nabu brauchen Tierhalter hingegen wirtschaftliche Unterstützung unter anderem beim Herdenschutz. Fachbereichsleiter Konstantin Kreiser sagte laut Mitteilung: "Die heutige Entscheidung der Kommission ist reine Klientelpolitik auf Kosten der Natur - ohne Aussicht, dass dies die Zahl der Wolfsrisse signifikant verringern wird."