Sollten Sie sich für ein 2er Gran Coupé interessieren, gehören Sie zu einer Minderheit. Denn größere Erfolge blieben der Limousine, die sich die technische Basis mit dem 1er teilt, hierzulande bislang verwehrt. Es scheint auch fraglich, ob die Modellpflege, die BMW als neues Auto anpreist, daran etwas ändern wird. Denn allzu tief reichte der Eingriff nicht. Wir waren mit dem 220 Gran Coupé unterwegs, der innerhalb der Baureihe eine ziemlich geschickte Wahl ist.
Zunächst einmal gehört das 2er Gran Coupé zu den inzwischen gar nicht mehr so üppigen Möglichkeiten, einen neuen BMW für weniger als 40.000 Euro zu bekommen. Zumindest theoretisch, denn in der Praxis müsste man dafür sehr nah an der Basis bleiben, und das tun nur wenige BMW-Käufer – auch im Falle des 2er Gran Coupés. Wie im 1er ist auch in der Limousine der Frontantrieb Standard, die beiden stärksten Benziner sind nur mit Allradantrieb zu haben. Die letzten beiden Versionen mit Schaltgetriebe sind seit Oktober 2024 Geschichte. Nun haben alle ein Doppelkupplungsgetriebe mit sieben Gängen.
Empfehlung: 220
Das aktuelle Angebot besteht aus zwei Dieselmotoren und vier Benzinern, deren Leistungsspanne von 90 bis 221 kW reicht. Die Versionen 216 und 220 nutzen den gleichen 1,5-Liter-Dreizylinder, und trotz eines Aufpreises von 5000 Euro würden wir der stärkeren Variante den Vorzug geben. Sie verspricht mit 35 kW mehr Temperament und ist im Zyklus sogar noch etwas sparsamer. Nur sie bekommt einen 48-Volt-Startergenerator, der den Benziner unterstützt. In den technischen Daten nennt BMW für den Dreizylinder 115 kW und 240 Nm, der E-Motor steuert bis zu 15 kW und 55 Nm bei. Die Systemleistung ergibt sich auch hier nicht aus der Addition beider Antriebe, sondern liegt mit 125 kW und 280 Nm zwischen 1500 und 4400/min etwas darunter.
Verbrauch
Dem Verbrauch im Zyklus hilft diese Mildhybridisierung. Der 216 mit 90 kW ist im WLTP mit 5,9 bis 6,3 Litern angegeben, im 220 sind es 5,2 bis 5,7. Das mag kein riesiger Unterschied sein, auf der anderen Seite sind mehr als 0,5 Liter Differenz bei einer identischen Motorenbasis nicht zu verachten. Die Batterie selbst hat einen Energiegehalt von 0,9 kWh, was für eine Lastpunktverschiebung in kleinem Umfang vollkommen ausreicht. Ziel ist es, den Verbrenner häufiger als unter idealen Bedingungen zu betreiben.
Auf unserer Proberunde zeigte sich der Dreizylinder gut bei Kräften. Dem Basismodell nimmt er mit 7,9 s im Standardsprint immerhin zwei Sekunden ab, und Schluss ist erst bei 230 km/h. Sicher, die beiden Spitzenmodelle setzen sich davon nochmals deutlich ab, doch dieses Mehr muss dem Kunden dann auch erheblich mehr Geld wert sein. Ein M235 wildert mit einem Einstiegspreis von knapp 60.000 Euro bereits im Bereich eines BMW i4-Basismodells, das ähnlich viel Leistung mitbringt.
Kerniger Klang
Unter Last klingt der Dreizylinder des 220 etwas angestrengt, was ein wenig überdeckt, wie flott die Limousine tatsächlich ist. Das Doppelkupplungsgetriebe wechselt die Gänge stets ebenso passend wie unauffällig. Dazu ist es geschickt übersetzt, was dem Verbrenner die Arbeit erleichtert. Insgesamt ergibt sich, abgesehen vom Klang unter Last, das Bild einer harmonischen Antriebsquelle. Sie bietet spürbar mehr Kraft als das Basismodell, und zwar so viel, dass man auf die stärkeren Versionen leichten Herzens verzichten kann.
Sportfahrwerk
Das Auto, das für diese erste Ausfahrt zur Verfügung stand, war mit einem M Sportpaket samt entsprechendem Fahrwerk ausgestattet. Erwartungsgemäß gibt es hier ein erhöhtes Maß an Rückmeldung, wobei BMW die Spitzen recht gekonnt kappt. Die Lenkung ist ausreichend präzise, wenngleich sie mit dem, was die Marke in dieser Hinsicht einst auszeichnete, natürlich nichts mehr am Hut hat. Wenn Vorderräder Richtungsänderung und Antriebskräfte verwalten müssen, bleibt dem Hersteller nichts anderes übrig, als hier zu dämpfen. Immerhin: Unter den Fronttrieblern gehört er zur angenehmeren Sorte.
Neues Infotainment
Die Modellpflege brachte einen Generationenwechsel beim Infotainment mit sich. Im 2er Gran Coupé arbeitet nun das OS9. Es unterscheidet sich vom direkten Vorgänger unter anderem dadurch, dass mit der Umstellung auf einen Android-Kern die Auswahl im Appstore viel größer ist als zuvor. Davon abgesehen arbeitet das System sehr flott, ist umfangreich ausgestattet und im Rahmen des Möglichen erstaunlich intuitiv zu bedienen. Statt zwei räumlich getrennten Displays sind nun beide unter einem Glas vereint.
Knappes Platzangebot
Der Rest ist vom Vorgänger weitgehend bekannt. Die Verarbeitung ist sehr sorgfältig, die Materialauswahl lässt keine groben Schnitzer erkennen. Ich empfehle, sich die Sportsitze zu gönnen, die erheblich bequemer sind als die Serien-Sessel in der am wenigsten teuren Ausstattungslinie. Das Platzangebot vorn ist okay, hinten wird es gerade um das Haupt herum schon für durchschnittlich große Erwachsene ziemlich eng. Der Kofferraum fasst im Mildhybrid mit 360 Litern 70 weniger als im 216 ohne E-Booster. Ganz allgemein: Auf einer Länge von 4,55 m bringt das Gran Coupé ein eher spärliches Platzangebot unter. Wenn dieser Punkt wichtig sein sollte, finden Sie zahlreiche Alternativen, selbst bei BMW. Denn X1 oder 2er Active Tourer haben ähnliche Abmessungen, sind aber geräumiger.
Preise
Das 2er Gran Coupé ist aktuell ab 36.400 Euro zu haben, der 220 kostet 41.400 Euro. Wie so oft ist das natürlich nur der Ausgangswert. Etwas aufgehübscht sind es rasch ein paar Tausender mehr. Mit dem, was die meisten Kunden ordern werden, rückt für einen 220 die Marke von 50.000 Euro ziemlich nahe, und es bereitet keine große Mühe, sie zu überschreiten. Schaut man sich das bei BMW inzwischen übliche Preisgefüge an, kann das kaum der Grund dafür sein, dass so wenige Kunden zugreifen. Mein Verdacht ist, dass europäische Kunden mit dem etwas hochbeinigen Design fremdeln. Ausgerechnet in diesem Punkt aber hat sich so wenig getan, dass 2er-Gran-Coupé-Fahrer sich ziemlich sicher darauf verlassen können, weiterhin einen Exoten zu bewegen.