Scholz warnte SPD mit historischem Vergleich

Mit Olaf Scholz geht die SPD in den Bundestagswahlkampf 2025 - und verliert krachend. Recherchen zeigen nun, wie sehr die Kandidatenfrage die Parteispitze in Aufruhr versetzt hatte. Es gab demnach geheime Runden und bislang unbekannte Treffen beim Fraktionschef.

Für einige, wenige Wochen im November 2024 herrschte in der SPD Unklarheit: Wer soll die Sozialdemokraten als Kanzlerkandidat in den Bundestagswahlkampf führen? Olaf Scholz oder Boris Pistorius? In der Auseinandersetzung versuchte der amtierende Kanzler Scholz die Parteiführung mit einem historischen Vergleich zu überzeugen, wie nun der "Stern" über eine vertrauliche Sitzung berichtet.

"Ich möchte nicht der letzte sozialdemokratische Bundeskanzler gewesen sein", sagte Scholz den Teilnehmern zufolge in der Runde am 17. November 2024 im Kanzleramt. Dort stand zur Debatte, ob die SPD nicht auch mit Pistorius ins Rennen gehen könnte. Vor allem in der sozialdemokratischen Basis gab es zu dieser Zeit erste Unmutsbekundungen über Scholz.

Ausdrücklich verglich Scholz bei dem Treffen, über das der "Stern" berichtet, seine schlechte Ausgangssituation mit der Lage von Francois Hollande nach der ersten Amtszeit als Präsident. Hollande habe damals wegen schlechter Umfragewerte auf eine erneute Kandidatur verzichtet, so Scholz. Trotzdem hätten die Sozialisten deutlich verloren. Auch sei Popularität keine Garantie für einen Wahlsieg, mahnte der Kanzler demnach mit Blick auf Pistorius und verwies auf die Beispiele gescheiterter Kanzlerkandidaturen von Martin Schulz und Peer Steinbrück. In den Forsa-Umfragewerten vom vergangenen November war Scholz dem Verteidigungsminister Pistorius sehr deutlich unterlegen.

Scholz nutzte Recherchen von "Stern" und RTL zufolge in den entscheidenden Tagen der SPD-Kandidatenfrage auch eine Spaltung in der Parteiführung. Während sich Lars Klingbeil damals offen für beide Optionen gezeigt habe, soll Saskia Esken Pistorius gegenüber anderen Sozialdemokraten als "nicht kanzlertauglich" bezeichnet haben. Fraktionschef Rolf Mützenich sei wegen der unklaren Haltung der Parteiführung intern "die Hutschnur" geplatzt, berichten Eingeweihte. Er bestellte Scholz und Pistorius in bislang unbekannten Treffen am Tag der Entscheidung, dem 21. November 2024, zu separaten Gesprächen in sein Büro.

Bei der Bundestagswahl im vergangenen Februar schnitt die SPD mit einem historisch schlechten Ergebnis ab. Mit Kanzlerkandidat Scholz an der Spitze holte die Partei gerade einmal 16,4 Prozent der Stimmen.