Im Kabinett Merz könnten mehr Frauen als Männer sein

In der nächsten Regierung darf die CDU sieben Ministerposten vergeben, die CSU drei. Noch ist unbekannt, wer was wird. Parität strebt Merz nicht zwingend an. Möglich wäre sie aber, angesichts vieler qualifizierter Frauen.

Es ist dieser Tage eine der spannendsten Fragen: Wer wird Minister oder Ministerin im Kabinett von Friedrich Merz? Leider liefert auch dieser Text keine definitiven Antworten. Gut möglich, dass auch der CDU-Chef und sein Amtskollege Markus Söder von der CSU noch gar nicht entschieden haben. Was man aber jetzt schon sagen kann: Es werden viele Frauen mit am Kabinettstisch sitzen, vielleicht sogar mehr als Männer. Wer das sein wird, darüber gibt es Hinweise.

Merz hat sich dagegen ausgesprochen, Männer und Frauen unbedingt zu gleichen Teilen in Ministerämter zu hieven, nur um Parität herzustellen. Es werde nach Qualifikation besetzt, versprach er. Allerdings könnte das Kabinett am Ende dennoch paritätisch besetzt sein - an qualifizierten Frauen besteht kein Mangel. In der SPD sind Bärbel Bas (Arbeit und Soziales), Klara Geywitz (Bauen), Svenja Schulze (Entwicklung) und Sonja Eichwede (Justiz) als Ministerinnen im Gespräch.

Das wären schon vier der sieben Posten, die die Sozialdemokraten besetzen dürfen. Aber auch in den beiden Unionsparteien tummeln sich viele qualifizierte Frauen, die für Ministerämter infrage kommen. Und das, obwohl der Frauenanteil in der Bundestagsfraktion nach der Wahl noch einmal sank.

Die CDU bekommt neben dem Kanzleramt sechs weitere Ministerien, die CSU drei. In drei bis vier Häusern sind Männer die Favoriten. Als Kanzleramtsminister scheint Thorsten Frei der Favorit zu sein, für das Auswärtige Amt kommen Armin Laschet, Johann Wadephul und David McAllister infrage. Als Gesundheitsminister sind die Gesundheitspolitiker Tino Sorge und Hendrick Streeck im Gespräch - Letzterer ist der Virologe, der während der Corona-Pandemie bekannt wurde. Er ist aber ein Neuling im Bundestag und in der Politik - dass er da gleich Minister wird, erscheint unwahrscheinlich.

Eine Frau im Wirtschaftsministerium?

Ein Neuling wäre Katherina Reiche hingegen nicht. Am Wochenende berichtete die "Bild"-Zeitung, die Managerin könnte Wirtschaftsministerin werden. Die heutige Chefin der Eon-Tochter Innogy saß 17 Jahre für die CDU im Bundestag, von 1998 bis 2015. Sie war stellvertretende Fraktionsvorsitzende und Parlamentarische Staatssekretärin. Da sie Brandenburgerin ist, könnte Merz damit der Forderung mehrerer Ministerpräsidenten nachkommen, ausreichend Ostdeutsche am Kabinettstisch zu versammeln.

So gesehen hätte Reiche also tatsächlich gute Karten. Ihr härtester Konkurrent wäre wohl Jens Spahn. Der frühere Gesundheitsminister war in den vergangenen Jahren in der Unionsfraktion für Wirtschaft und Energie zuständig. Daher wäre er eine logische Besetzung. Er gilt aber auch als möglicher neuer Fraktionsvorsitzender. Aber es gibt auch weitere Frauen, die infrage kämen. Gitta Connemann zum Beispiel, die Vorsitzende der Mittelstandsvereinigung (MIT) der CDU und langjährige Bundestagsabgeordnete.

Auch das neue Digitalministerium könnte eine Frau führen. Top-Kandidatin wäre Kristina Sinemus. Sie ist bereits seit 2019 Digitalministerin in Hessen. Die promovierte Biologin ist Quereinsteigerin in der Politik. Zuvor hatte sie eine Agentur für Wissenschaftskommunikation aufgebaut und geleitet. Zudem war sie Präsidentin der Industrie- und Handelskammer Darmstadt-Rhein-Main-Neckar. In Berlin nahm sie eine Professur an einer privaten Hochschule an. Sie selbst sprach sich mehrfach für ein Digitalministerium auf Bundesebene aus.

Prien klare Kandidatin für Ministeramt

Ziemlich sicher wird eine Frau Ministerin für Bildung, Familie und Jugend. Eine Kandidatin ist Karin Prien, die in Schleswig-Holstein Kultusministerin ist. Sie ist außerdem stellvertretende Bundesvorsitze der CDU und gehört dem liberalen Flügel der Partei an. Der war zumindest in den Jahren der Opposition an der Spitze der Partei nur noch geringfügig repräsentiert. Beruft Merz sie, wäre das auch ein Signal in die Partei für mehr Ausgewogenheit. In erster Linie würde für Prien aber ihre Erfahrung als Kultusministerin sprechen.

Auch Silvia Breher käme für das Amt infrage. Die Bundestagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Cloppenburg-Vechta ist ebenfalls stellvertretende Bundesvorsitzende ihrer Partei. Sie leitete seit 2021 die fraktionsinterne Arbeitsgruppe Familien, Senioren, Frauen und Jugend.

Für das Amt der Verkehrsministerin wird Ina Scharrenbach hoch gehandelt. Die 48-Jährige ist bereits in Nordrhein-Westfalen Ministerin für Bau, Digitales, Heimat und Kommunales. Ihre Chancen könnten auch durch die Entscheidung Carsten Linnemanns gestiegen sein, CDU-Generalsekretär zu bleiben. Denn Merz hat viele Kandidaten aus Nordrhein-Westfalen: Neben Linnemann auch Spahn, Laschet oder auch Hendrik Streeck. Es möchten aber immer gern alle Landesverbände berücksichtigt werden. Parteiintern sind solche Proporz-Überlegungen wichtig. Aus NRW zu sein, ist also derzeit in der CDU ein Nachteil.

CSU könnte zwei Frauen ins Kabinett schicken

Auch bei der CSU könnten einige Frauen zum Zuge kommen. Zwei der drei Ministerien könnten weiblich besetzt werden. Da wäre zum einen das Landwirtschaftsministerium, das Michaela Kaniber übernehmen könnte. Sie hat dieses Amt bereits in Bayern inne. Ihre Aktien stiegen, als Günther Felßner absagte. Ihn hatte Söder schon im Wahlkampf als seinen Favoriten genannt. Söder hatte zwar gesagt, er wolle keinen Minister aus dem bayerischen Kabinett nach Berlin ziehen lassen. Aber es wäre nicht das erste Mal, dass er seine Meinung ändert - und in diesem Fall auch nicht weiter brisant.

Die CSU besetzt außerdem das Ministerium für Forschung, Raumfahrt und Technologie. Dabei könnte Dorothee Bär zum Zuge kommen. Weniger, weil sie fachlich besonders profiliert wäre, sondern weil sie seit Jahren eine wichtige Rolle in der Partei spielt - so sind schon vor ihr viele Männer Minister geworden. Die Politikwissenschaftlerin ist stellvertretende Fraktionsvorsitzende und handelte in führender Position den Koalitionsvertrag aus. Wird sie nicht Ministerin, wäre das eine Überraschung.

Setzen sich alle hier genannten Frauen durch, könnten 10 der 17 Ministerien von Ministerinnen geführt werden - und das ausgerechnet im Kabinett von Merz, der oft als Mann von gestern dargestellt wird. Weit hergeholt wirkt der Gedanke jedenfalls nicht.