USA baut Autismus-Register durch Zugriff auf Gesundheitsdatenbanken

Die National Institutes of Health (NIH) in den USA bauen derzeit ein nationales Autismus-Register auf, das mit Daten aus verschiedenen Quellen wie Patientenakten befüllt werden soll. Ziel ist es, die Forschung zu Autismus durch eine zentrale, große Datenbasis zu beschleunigen und zu verbessern.

Laut aktuellen Berichten plant das NIH, vertrauliche medizinische Daten aus zahlreichen bundesstaatlichen und kommerziellen Datenbanken zusammenzuführen, um erstmals eine Plattform mit "breiter Abdeckung der US-Bevölkerung" zu schaffen.

Autismusforschung zentral zugänglich machen

Ziel ist es, diese Daten für die Autismusforschung zentral zugänglich zu machen. Die Daten umfassen unter anderem Medikamentenverordnungen, Labor- und Genomdaten, Versicherungsdaten sowie Informationen aus Fitness-Trackern und Smartwatches, wie unter anderem CBS News berichtet. Dazu wird ein Autismus-Register eingerichtet. Externe Forschergruppen erhalten Zugang zu diesen Daten für von der US-Regierung geförderte Autismus-Studien. Die Initiative wird als "transformative Real-World-Data-Initiative" beschrieben, die eine umfassende und sichere Plattform für die Erforschung chronischer Krankheiten und Autismus schaffen soll.

Die NIH versprechen dabei "modernste Datenschutzmaßnahmen". Forscher dürfen die Daten einsehen, aber nicht herunterladen – wie das genau sichergestellt werden soll, ist unklar. Bereits zuvor existierte mit dem National Database for Autism Research (NDAR) eine große, kontrolliert zugängliche Forschungsdatenbank für Autismus, die seit 2008 kontinuierlich erweitert wird und Daten aus unterschiedlichen Quellen zusammenführt. Darunter auch Informationen zu Medikamenten von Apothekenketten, Labortest- und Genomdaten und mehr.

Die Initiative wird von Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. vorangebracht und zielt darauf ab, Forschern umfassende Patientendaten bereitzustellen, die die gesamte US-Bevölkerung abdecken. "Die Idee der Plattform besteht darin, dass die vorhandenen Datenressourcen oft fragmentiert und schwer zugänglich sind. Das NIH selbst zahlt oft mehrfach für dieselbe Datenressource", erklärte dazu NIH-Direktor Jay Bhattacharya. Unverständlich ist, warum die Autismus-Forschung derzeit politisch im Fokus ist, obwohl es im Bereich der medizinischen Forschung Kürzungen gab. Kennedy treibt das Thema allerdings seit Jahren um, er sieht in Autismus eine "Epidemie", die er nun endlich in den Griff bekommen will.

Das NIH verhandelt außerdem mit den Centers for Medicare and Medicaid Services, einer US-Bundesbehörde, die auch für das staatliche Kinderkrankenversicherungsprogramm zuständig ist, um den Zugriff auf deren Daten zu erweitern. Ein neues Krankheitsregister zur Erfassung von Autismus wird ebenfalls in diese Initiative integriert. Kennedy sieht Autismus als "vermeidbare Krankheit" an – eine Aussage, die als stigmatisierend in der Kritik steht. Die zentrale Erfassung der Daten könnte zudem zu Ausgrenzung und Diskriminierung im Alltag führen.

In den USA hatte es mit dem Angriff auf den Zahlungsdienstleister Change Healthcare erst kürzlich einen Rückschlag für die Digitalisierung des Gesundheitswesens gegeben. Anfang des Jahres wurde die Zahl der Personen, deren Daten von dem Ransomware-Angriff auf Change Healthcare betroffen sind, von 100 auf 190 Millionen Menschen nach oben korrigiert.

Forschungsdatenzentrum Gesundheit und EU-Gesundheitsdatenraum

Auf EU-Ebene und in Deutschland gibt es ähnliche Pläne für zentrale Forschungsdatenzugänge. In einem vor wenigen Wochen in Kraft getretenen Europäischen Gesundheitsdatenraum sollen in Zukunft die Daten aller EU-Bürger zu Forschungszwecken zur Verfügung stehen. Entscheidend ist dabei der Forschungszweck. In Deutschland wird dafür aktuell das Forschungsdatenzentrum Gesundheit eingerichtet, über das künftig pseudonymisierte Daten aus rund 400 medizinischen Registern, den elektronischen Patientenakten und von den Krankenversicherungen zur Verfügung stehen sollen. Dabei verspricht die Politik ebenfalls, dass die Daten die sichere Umgebung auf nationaler Ebene nicht verlassen.

Auf EU-Ebene gibt es bereits Initiativen wie DARWIN (Data Analysis and Real World Interrogation Network), bei dem die Europäische Arzneimittel-Agentur unter anderem zusammen mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte Daten Real-World-Daten für die Arzneimitteltherapiesicherheit analysiert. Zu den Datenquellen gehören dabei Krankenhäuser, Versicherungen, Biobanken und Co. In Deutschland ist im vergangenen Jahr außerdem ein Modellprojekt zur Genomsequenzierung gestartet.